Drehmomentscharniere halten Türen, Fenster, Gerätedisplays, Deckel, Klappen und Co. stabil in ihrer Position, ohne dass zusätzliche Hilfsmitteln wie Gasdruckfedern o.ä. benötigt werden. Um diese Stabilität überhaupt herzustellen, ist es nicht nur wichtig, den passenden Scharniertyp auszuwählen – auch bei der exakten Positionierung gilt es einiges zu beachten. Nur so können die entsprechenden Objekte im weiteren Verlauf leicht geöffnet und geschlossen werden. Einen Überblick über die unterschiedlichen Anwendungsanforderungen, soll Ihnen dieser Leitfaden geben. Alle Anwendungsanforderungen spielen auf ihre Art in den Herstellungs- und Positionierungsprozess der einzelnen Scharniere ein.
Anwendungsanforderungen im Vergleich
Positionierung: Hier wird unterschieden zwischen
a) verdeckter oder sichtbarer Positionierung: Ein Beispiel für eine verdeckte Positionierung wären die Autotüren, bei denen das Scharnier durch eine Gummiisolierung verdeckt wird. Sichtbar hingegen werden Scharniere z.B. an Gerätedisplays positioniert, weshalb diese Scharniere zumeist einer Legierung bedürfen, die auf das Aussehen des restlichen Display Gehäuses abgestimmt wird.
b) Positionierung nach Funktionsweise bedeutet, dass geschaut werden muss, welche Funktionen später durch das Scharnier ausgeführt werden müssen. Soll lediglich ein Fenster o.ä. geöffnet und geschlossen werden oder aber müssen komplexere Funktionen ausgeführt werden können? Für letzteres ist der Schwenktisch an Industriemaschinen ein gutes Beispiel. Für diesen ist es erforderlich, ein Scharnier mit konstantem Drehmoment auszuwählen, welches eine 360° Drehung und das Schwenken und Kippen des Tisches ermöglicht. Verwendet werden in diesem Fall meist Multi Achs Scharniere, die nicht wie üblich mit einem Stift oder Bolzen, sondern mit einem Kugelgelenk ausgestattet werden.
c) Krafteinwirkung: dieser Punkt ist nahezu selbsterklärend. Je nachdem, welches Objekt positioniert, gehalten und bewegt werden soll, entstehen unterschiedliche Kräfte, die sich auf das Scharnier selbst, aber auch auf seine spätere Funktion und Lebensdauer auswirken.
d) Positionierungsgenauigkeit: Selbstverständlich muss jedes Scharnier nach der Montage in der Lage sein, ein Objekt genau in seiner Position zu halten. Auch die Funktionen müssen genau ausgeführt werden können. (Öffnen, schließen, kippen, senken u.a.) Jedoch gibt es Einsatzbereiche, die eine genauere Positionierung als andere aufweisen, sodass schon während der Auswahl genau hingeschaut werden muss, welche Präzision am Ende benötigt wird.
Ergonomische Anforderungen
Wir sind heute in der Lage, mittels modernster Technologien Scharniere mit konstantem Drehmoment zu produzieren, die für jegliche Art von Last in den unterschiedlichsten Größen in Frage kommen. Hierbei darf jedoch niemals vergessen werden, dass die spätere Funktionsweise sich vor allem auf den Endverbraucher, der eine mit einem Scharnier befestigte Tür o.ä. bewegt, auswirkt. Gehen wir davon aus, dass das Display eines Laptops geöffnet und geschlossen werden soll, ist die kräftemäßige Auswirkung, welche sich durch die Benutzung ergibt, noch erträglich. Handelt es sich bei dem zu befestigten Objekt jedoch um eine Motorhaube o.ä. und Krafteinwirkung und Reibung wurden nicht exakt berechnet, könnte man von einer Einheit Krafttraining sprechen, die sich durch die Verwendung der Tür ergibt. Dazu ist wohl kaum ein Endverbraucher bereit – gesund wäre das ganze auf Dauer mit Sicherheit auch nicht.
Systemeffekte meinen die Effekte, welche sich durch die Benutzung des Scharniers nicht auf den Endverbraucher, sondern auf das komplette System eines Objekts auswirken. Konstante Drehmomentscharniere sind zwar bereits heute in der Lage, sehr große Drehmomente auch in sehr kleinen Gehäusen zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, jedoch werden die Scharniere meist ganz in der Nähe des Schwenkzentrums verbaut. Dadurch ergeben sich große Reaktionskräfte, welche sich auf alle Komponenten des Objekts auswirken. So kann es nötig werden, dass die Montagepunkte durch eine Verstärkung gestützt werden, um einen schnellen Verschleiß zu verhindern.
Umwelteinflüsse können in zwei Unterkategorien unterteilt werden und zwar a) vorhersehbare Einflüsse wie Temperaturen, Vibrationen, Feuchtigkeit usw. und b) unvorhersehbare Einflüsse, die sich vor allem durch missbräuchliche Verwendungszwecke eines Scharniers beispielsweise durch den Endverbraucher ergeben können. Auf letzteres haben auch die besten Produzenten von Drehmomentscharnieren keinen direkten Einfluss. Vorhersehbare Umweltauswirkungen wie Temperaturschwankungen, werden bei der Produktion und Auswahl jedoch immer mit einkalkuliert.
Platzbedarf ist der vorletzte Punkt, welcher unbedingt bei der Auswahl und späteren korrekten Positionierung berücksichtigt werden muss. Und zwar nicht nur der Platz, welcher von dem Scharnier eingenommen wird, sondern auch der Spielraum, welcher sich bei der späteren Verwendung des Scharniers an einem Objekt ergibt.
Drehmomentanforderungen stellen, auch wenn sie in unserer Auflistung zuletzt genannt werden, das Herzstück eines jeden Scharniers mit konstantem Drehmoment dar und werden von den Herstellern stets mit viel Know How und Präzision berechnet. Die folgenden zwei Punkt werden als Ausgangspunkte für die korrekte Berechnung der Drehmomentanforderung verwendet:
Vertikale Montage: Welche Kraft wird benötigt, um ein vertikal montiertes Objekt, abhängig vom Gesamt-Scharnier-Drehmoment und dem Abstand zwischen Scharnier-Drehpunkt und Kraftangriffspunkt, konstant zu positionieren?
Bsp. für Objekte, an denen Drehmomentscharniere vertikal montiert werden:
Flachbildschirme, Eingangstüren und Fenster; KFZ Türen, Schränke,Gehäuse
Horizontale Montage: Die Kraft, die benötigt wird um ein horizontal montiertes Objekt, abhängig vom Gesamt-Scharnier-Drehmoment und dem Abstand zwischen Scharnier-Drehpunkt und Kraftangriffspunkt, muss mindestens genauso stark sein wie in Abschnitt 6 a) beschrieben. Zusätzlich dazu müssen weitere extern angelegte Lasten wie Reibmoment (ergibt sich durch die vom Benutzer ausgewirkte Last) und Vibration (beispielsweise bei einem Fahrzeug) berücksichtigt werden, da das Scharnier diesen zwangsläufig standhalten muss.
Bsp. für Objekte, an denen Drehmomentscharniere horizontal montiert werden: Motorhauben, Kofferraumdeckel, Heckklappen, Deckel von Gefrierschränken, Grills, Kopierern sowie Waschmaschinen und Trocknern aber auch Bootsluken und Toilettensitze
Achtung – bitte beachten Sie!
Da die Liste an Objekten, die mittels Drehmomentscharnier-Lösungen montiert werden können, schier endlos ist, dient diese Auflistung ausschließlich als Übersicht. Besondere Objekte, wie Schwenktische von Industriemaschinen, können es nötig machen, dass ein Scharnier weder horizontal noch vertikal, sondern mittig unter dem Schwenktisch befestigt wird. Zum Einsatz kommt in diesem Fall dann auch kein Scharnier mit zwei Flügeln, sondern ein viereckiges Scharnier, das sogenannte Mehr Achs Scharnier, welches durch ein mittig angebrachtes Kugelgelenk ermöglicht, dass der Schwenktisch sich um 360° drehen und zusätzlich in alle vier Richtungen gekippt werden kann.