Wer sich in der Schule mit höherer Mathematik abgequält und gefragt hat, wofür er die mühsam erworbenen Kenntnisse je nutzen soll, hat dabei vermutlich nicht an Freizeitspaß gedacht. Dabei werden die Rechenkünste im Kopf häufig nicht einmal bewusst angewandt.
Dass ein Spiel wie Schach von Logik abhängt, ist bekannt. Jeder Zug erlaubt eine gewisse Anzahl an möglichen Reaktionen, die von guten Spielern im Geiste durchgespielt und mit den daraus resultierenden Gegenzügen verglichen werden. Die besten Schachspieler können diverse Züge voraussehen.
Aber Wahrscheinlichkeitsrechnungen helfen sogar, wenn im Gegensatz zum Schach nicht alle Informationen offenbart sind und außer dem Können auch ein Zufallselement im Spiel ist.
Das gilt unter anderem für Sportarten wie Fußball. Zwar kann jeder Spieler einen schlechten Tag haben oder sich verletzen und ausgewechselt werden, aber die bisherige Form der Teams lässt sich vorher studieren. Fällt der Torjäger aus, der die meisten Bälle im Netz versenkt, oder der Kicker, der die meisten Vorlagen liefert? Hat der Verein einen neuen Trainer, der schon so manches Wunder aus dem Hut gezaubert hat, oder ist es jemand, der als wenig kreativer Fleißarbeiter gilt?
Jede Veränderung beeinflusst die Chancen. Weil nicht jeder Fan sich tatsächlich die Mühe macht, seine Überlegungen zu analysieren, sondern sich auf sein Bauchgefühl verlässt, merkt er häufig nicht einmal, wie er seine matematischen Fähigkeiten zu Hilfe zieht. Schließlich kann es jedem mulmig werden, wenn der Neuling statt dem erfahrenen Goalkeeper im Tor steht, ohne dabei an die veränderten Wahrscheinlichkeiten zu denken.
Selbst bei komplizierten Kartenspielen können sich gewiefte Hirnkünstler das Hintergrundwissen um Statistiken zunutze machen. Das Prinzip ist simpel: Jede ausgespielte Karte verändert die Möglichkeiten. Wer sich merken kann, was noch im Spiel ist, hat einen großen Vorteil.
Wie sehr sich die Chancen durch Logik beeinflussen lassen, mussten die Casinobosse in den USA schon in den 60er Jahren schmerzhaft erfahren, als Mathematikprofessor Edward O. Thorp mithilfe von Elektronengehirnen an seiner Universität sämtliche Möglichkeiten beim Blackjack (auch als 17 und 4 bekannt) studierte, in eine Formel umwandelte und erfolgreich am Spieltisch testete. Binnen zwei Stunden sprengte er zweimal die Bank. Seine Glücksformel veröffentlichte er zudem als Buch.
Selbst ein Nichtmathematiker kann mit etwas Übung seine Chance im Blackjack durch Wahrscheinlichkeitsrechnung verbessern. Weil jeder Spieler nur gegen die Bank spielt, gilt es nur einen Gegner zu schlagen. Die beste – und komplizierteste – Möglichkeit ist das Kartenzählen, eine Strategie die ein Universitätsteam vom Massachussetts Institute of Technology mehr als ein Jahrzehnt lang gewinnbringend anwandte.
Aber auch einfache, in Tabellenform festgehaltene Strategien, erleichtern das Gewinnen. Weil der Spieler am Anfang zwei verdeckte Karten erhält und der Dealer eine offene Karte bekommt, ist diese Karte entscheidend für die weiteren Züge des Spielers. Das Risiko besteht meist darin, sich zu überkaufen. Der Spieler gewinnt, wenn er mehr Punkte auf der Hand hat als der Dealer, ohne aber die 21 zu überschreiten. Das ist Abwägungssache, und die verlangt einen kühlen Kopf.
Thorp, der bewiesen hat, wie sich das Glück beherrschen lassen kann, hat noch ein weiteres Spiel analysiert, nämlich Baccarat. Und auch hier erwies sich sein Wissen um Wahrscheinlichkeiten als auf Dauer unschlagbar.